Die globalen Megatrends Demografie, Dekarbonisierung, Digitalisierung und De-Globalisierung treffen auf die Industrieregion NRW. Um den Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen, müssen die Unternehmen in NRW jährlich 98 Mrd. Euro in Dekarbonisierung und Digitalisierung investieren. Die Herausforderungen sind hoch, auch vor dem Hintergrund, dass neue Technologien entwickelt und umgesetzt werden müssen. 

Banken müssen nicht nur die Transformation der Unternehmen finanzieren, sondern auch die aus der Transformation resultierenden Kreditrisiken steuern. Damit hat die Messung der Nachhaltigkeit von Unternehmen und der Transformationsrisiken für Banken an Bedeutung gewonnen. Denn Banken benötigen Daten der transformierenden Unternehmen für ihr Risikomanagement. Welche Daten dazu benötigt werden, wie Transformationsrisiken gesteuert werden, und welche Konsequenzen sich für die Unternehmensfinanzierung ergeben, waren Themen der Fin.Connect.NRW Fachveranstaltung am 29. August 2024

Der Workshop diente dazu, die aus der klimaneutralen Transformation der Banken resultierenden Konsequenzen für Unternehmen aufzuzeigen und zu diskutieren. 

Den ersten Impuls hielt Niklas Taft vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zur Messung der finanzierten Emissionen von Banken. Der Vortrag basiert auf einer Studie zusammen mit Markus Demary und Anna-Maria Hagenberg zur Emissionsabhängigkeit der Bankkredite und damit verbundenen Risiken, die aus der Transformation der Unternehmen hin zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft entstehen. Herr Taft begann seinen Vortrag mit einem Überblick der nach der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) Klassifizierung von Emissionen in Scope-1 bis 3. Daraufhin erläuterte er die Methodik der Studie. Als absolute Emissionskreditlast einer Bankengruppe in einer Branche definierten die Autoren das Produkt der Treibhausgasemissionen einer Branche mit dem Kreditvolumen der Bankengruppe in der Branche. Setzt man diese Kennzahl ins Verhältnis zum gesamten Kreditvolumen der Bankengruppe, erhält man die relative Emissionskreditlast. Die Untersuchung dieser Kennzahlen für die verschiedenen Bankengruppe und Industrien in Deutschland ergab, dass die finanzierten Emissionen nicht auf einzelne Bankengruppen oder Größenklassen konzentriert sind. Stattdessen bestehen branchenspezifische Transformationsrisiken in allen Bankengruppen, wie Niklas Taft in seinem Vortrag anhand von Grafiken verdeutlichte. 

Den zweiten Impuls gab Heinz-Gerd Stickling vom zeb mit dem Titel „ESG-Transformation: Europas Banken auf dem Prüfstand – Zwischen ökologischem Aufbruch und betriebswirtschaftlicher Realität“. In einer europaweiten ESG-Umfrage beleuchtete zeb die Herausforderungen von Banken in der Nachhaltigkeitstransformation. Die fünf Themenblöcke bzw. Kernhandlungsfelder der Studie umfassten Wettbewerbspositionierung, Net-Zero-Ambition und Steuerung, Implementierung von Risikomanagement, Daten- und Methodenframeworks, sowie Geschäftsmöglichkeiten. Somit waren Aspekte von der strategischen Verankerung von ESG bis hin zur vertrieblichen Nutzung berücksichtigt. Aus der Befragung ließen sich fünf zentrale Erkenntnisse bzw. Kernaussagen ableiten:

  1. Eine gute ESG-Reputation ist für 97% der Banken mindestens genauso wichtig wie solide Geschäftszahlen.
  2. 44% aller Institute haben noch kein Netto-Null-Ziel für das eigene Kreditportfolio definiert.
  3. Weniger als die Hälfte berechnet ESG-Risiken auf Basis bestehender Risikomodelle oder eigens kreierter ESG-Risikomodelle.
  4. Mangelnde Datenverfügbarkeit ist für 75% die größte Hürde im Hinblick auf ein gutes ESG-Datenmanagement.
  5. 56% aller befragten Banken haben noch keine ESG-bezogenen Preisanpassungen vorgenommen.

Thomas Pennartz von der Kreissparkasse Köln schloss die Impulsrunde mit einer Präsentation zur Dekarbonisierung aus Sicht der Sparkassen ab. Gleich zu Beginn betonte er das Bekenntnis der Sparkassen zu Nachhaltigkeit und verdeutlichte die damit verbundenen Herausforderungen. Die aufkommenden regulatorischen Anforderungen bedingten einen sofortigen Aufsatz eines umfassenden Datenmodells. Hierfür benötigten die Sparkassen detaillierte Nachhaltigkeitsangaben ihrer Kunden. Für diese sei die Datenaufbereitung und -aufarbeitung im eigenen Unternehmen jedoch eine große Herausforderung, wie Herr Pennartz anhand von Beispielen und Erfahrungen veranschaulichte. Er erläuterte, wie die Sparkassen ihre Kunden auf dem gesamten Weg von der Sensibilisierung, über die Bereitstellung von Orientierung, dem Finden von Lösungen bis hin zur Begleitung der Finanzierung begleiten. So wurde mit nawisio eine All-in-One-Softwarelösung für Nachhaltigkeitsmanagement, Berichterstattung und Klimabilanzierung im Unternehmen entwickelt. 

Des Weiteren wurde ProEco Rheinland gegründet, ein Gemeinschaftsunternehmen aller 27 rheinischen Sparkassen, um die Transformationsfinanzierung und den nachhaltigen Bau voranzubringen. 

In der anschließenden Diskussion wurde über die Herausforderungen gesprochen, die Produktionsprozesse der Wirtschaft vollständig auf Nachhaltigkeit umzustellen und dafür die ausreichenden Investitionen anzuregen und mit Finanzierungen zu unterlegen. Tenor der Diskussion war, dass es hierfür einen breiten Finanzierungsmix aus Bankenfinanzierungen, Mezzanine-Produkten und Förderungen braucht. Darüber hinaus sind Haftungsfreistellungen und Beratungsangebote wichtig, damit die Transformation bei den vielen Unternehmen des Landes gelingen kann. Nur mit einer besseren Mischung an verschiedenen Instrumenten werden die Unternehmen wieder bereit sein, höhere Risiken einzugehen und mehr in die Transformation zu investieren. Aus Sicht vieler Teilnehmer muss den Unternehmern dabei primär stärkere Anreize geboten werden.


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