1 Einleitung
Laut Förderdatenbank des Bundes waren im Juni 2024 insgesamt 442 Förderprogramme für Unternehmen in NRW verfügbar, von denen wenige spezifisch auf die klimaneutrale oder digitale Transformation ausgerichtet sind. Der Bund stellt nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft im Jahr 2024 rund 67 Milliarden Euro für Finanzhilfen und Steuervergünstigungen zur Verfügung. Hinzu kommen Fördermittel der Europäischen Union (EU), der Länder und der Kommunen. Die Förderprogramme mit ihren jeweiligen Zielen, Konditionen und Inhalten unterliegen dabei laufenden Anpassungen. Regelmäßig werden zudem neue Programme eingeführt, um weitere Anreize für bestimmte Investitionen zu setzen. Für Unternehmen ergibt sich daraus ein “Dschungel” an Fördermöglichkeiten, die aufgrund der Vielzahl an Förderinstrumenten sowie der damit verbundenen Komplexität und Auflagen oft ungenutzt bleiben.
Diese Praxisinfo gibt einen Überblick darüber, was Unternehmen über öffentliche Fördermittel wissen sollten, um sie für ihre Investitionen in Klimaneutralität und Digitalisierung nutzen zu können.
2 Fördermittel - ein Teil der Transformationsfinanzierung
Unternehmen bleiben nur durch kontinuierliche Investitionen in Personal, Maschinen und Anlagen, Verfahren und Prozesse wettbewerbs- und handlungsfähig. In der Regel finanzieren sie Investitionen durch eine Kombination aus internen Mitteln, Fremdkapital und Beteiligungen. Die tatsächlich genutzten oder zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente hängen von der Größe, der Kapitalausstattung, aber auch von der Rechtsform bzw. dem Zugang zum Kapitalmarkt der Unternehmen ab.
Einen Überblick über Finanzierungsinstrumente von Unternehmen – auch für Transformationsinvestitionen – gibt Abbildung 1. Neben den klassischen betriebswirtschaftlichen Instrumenten spielen öffentliche Fördermittel und -instrumente (Zuschüsse, Kredite oder Bürgschaften) eine wichtige Rolle. Viele Unternehmen nutzen bereits aus grundsätzlichen Erwägungen heraus öffentliche Fördermittel, um z. B. finanzielle oder technische Risiken bei der Entwicklung neuer Technologien und Verfahren zu begrenzen oder Standortbedingungen in strukturschwachen Regionen auszugleichen. Andere Unternehmen benötigen von vorherein Fördermittel, um bestimmte Investitionen überhaupt zu tätigen. Ohne Fördermittel würden diese Unternehmen nicht oder nur im geringen Maße investieren.
Im Zusammenwirken mit der Außen- und Innenfinanzierung von Unternehmen sowie mit Kapital gebenden Einrichtungen wie Banken oder Investoren können Fördermittel dazu beitragen, Investitionen auszulösen und zu finanzieren; das gilt auch für digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle, Produkte, Prozesse und Anwendungen (Transformationsinvestitionen), Beispiele hierzu sind Investitionen in folgende Bereiche:
- Klimaneutralität (z.B. durch Umstellung auf oder Nutzung von erneuerbaren Energien oder CO2 -Abscheidungstechnologien),
- Vermeidung von negativen Umweltwirkungen (z.B. durch Kreislaufwirtschaft oder Ressourceneffizienz)
- sowie die weitere Automatisierung und Virtualisierung durch digitale Technologien und Anwendungen (z. B. KI oder Metaverse).
Im Idealfall bedingen sich beide Aspekte gegenseitig, d. h. ein ökologischer Nutzen wird durch weitere Digitalisierung erreicht. Mit der Klassifikation von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten (EU-Taxonomie, siehe hierzu Fin.Connect Basics 01) werden solche Transformationsinvestitionen in drei Aktivitäten zusammengefasst. Gemeint sind damit:
- Grüne Aktivitäten
leisten einen direkten Beitrag zur Erfüllung eines oder mehrerer Umweltziele, wie beispielsweise die emissionsfreie Energieerzeugung oder energetische Gebäudesanierung - Enabling-Aktivitäten
unterstützen komplementär andere Aktivitäten beim Erreichen eines Umweltziels, wie beispielsweise Datenservices zur Optimierung der Steuerung erneuerbarer Energienetze oder die Herstellung von Komponenten kohlenstoffarmer Technologien - Transition-Aktivitäten
Aktivitäten, die den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft unterstützen. Sie müssen allerdings mit dem langfristigen Ziel ‚Klimaschutz‘ vereinbar sein. Die Energiegewinnung durch Kernkraft gilt z. B. als eine solche Transition-Aktivität.
Ein besonderer Investitionsanlass kann die vorzeitige Stilllegung und Abschreibung emissionsintensiver Anlagen sein, die durch politische Entscheidungen oder durch das Ordnungsrecht entstehen können. Außerdem muss in vielen Unternehmen der bestehende Cash-Flow, der oft noch auf einer emissionsintensiven Produktion beruht, einen Teil der Investitionen in die Transformation des Unternehmens finanzieren.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Nutzung von öffentlichen Fördermitteln für die genannten Transformationsinvestitionen von Unternehmen hängen von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören vor allem die
- Verfügbarkeit von Fördermitteln und eine realistische Aussicht auf ihre erfolgreiche Beantragung, also die Prüfung, ob überhaupt eine Chance auf Förderung besteht
- Zugänge zu Förderprogrammen und -instrumenten, also die Prüfung des Status der Unternehmen und der jeweiligen Antragsberechtigungen in den jeweiligen Richtlinien und Verfahren
- Aufwand-Nutzen-Verhältnis, also die Klärung, wieviel Arbeit in der Beantragung und Dokumentation anfällt.
Eine systematische Klärung sollte daher am Anfang stehen, wobei öffentlich finanzierte Beratungsangebote (siehe Punkt 7) oder auch die Kundenbetreuung in den Banken bei der Analyse und Entscheidung unterstützen können.
3 Unterschiedliche Sichtweisen und Ausgangslagen
Unternehmen blicken auf Förderungen anders als die öffentliche Hand bzw. die Fördermittelgeber. Aus der Unternehmensperspektive geht es um Märkte, Geschäftsmodelle, Kunden und Prozesse, aber auch um Liquidität, Profitabilität und Unternehmensstrategien. Außerdem scheuen viele Unternehmen den manchmal erheblichen, in Teilen auch bürokratischen Aufwand bei der Beantragung und Abrechnung von öffentlichen Fördermitteln. Auch der Zeitraum, ab wann ein Förderprojekt starten kann, spielt aus Sicht der Unternehmen eine wichtige Rolle. In manchen Fällen ist dieser Zeitraum zu lang, so dass sie auf Förderanträge verzichten.
Aus der Perspektive der staatlichen Förderpolitik sind Förderzwecke, zulässige Kosten, Förderquoten, Beihilfeintensität oder Antrags- und Bewilligungsverfahren relevant. Das deutsche und europäische Zuwendungs- und Beihilferecht bildet einen Rahmen, der analog zu anderen Gesetzen zu beachten ist. Diese Bindung gilt sowohl für die Standardverfahren als auch für Einzelfallentscheidungen der Bewilligungsstellen, sei es die EU, der Bund oder die Bundesländer.
Trotz der unterschiedlichen Sichtweisen verfolgt die Politik Ziele, die auch viele Unternehmen oder die Gesellschaft teilen. Dazu gehören z. B.:
- Stärkung von Unternehmensgründungen
- Forschung und Entwicklung zur Erhaltung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen
- Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in den Regionen
- soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit oder auch die oben beschriebene „Transformation“, die mittlerweile einen eigenständigen Förderzweck in einigen Programmen begründet
Wichtig für beide Seiten ist das Verständnis, dass die Bewilligung von öffentlichen Fördermittel Verwaltungsakte darstellen. Daraus ergeben sich bestimmte Regeln und Verfahren für die Beantragung, Bewilligung und Auszahlung von Fördermittel, um eine Gleichbehandlung der Antragstellenden zu gewährleisten und rechtssichere Entscheidungen zu treffen. Offensichtlich ergibt sich hieraus auch ein gewisser Bearbeitungszeitraum bei den Bewilligungseinrichtungen. Öffentliche Fördermittel können nicht von heute auf morgen bewilligt werden. Nach den Erfahrungen des Autors folgen Beantragung, Bewilligung, und Endabrechnungen von öffentlichen Fördermitteln aber einer nachvollziehbaren Logik und Systematik. Unternehmen können sich dieses Wissen selbst aneignen oder als Dienstleistung einkaufen, um die Ziele der Förderprogramme auf die eigenen Bedarfe der Unternehmen zu übertragen und auch die Verfahren zu beschleunigen.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Öffentliche Fördermittel inklusive von Krediten der Förderbanken sind weder dafür gedacht noch dafür geeignet, eine kurzfristige Liquidität in den Unternehmen herzustellen. Sie dienen der Teilfinanzierung von mittel- und längerfristigen Projekten oder Investitionen. Unternehmen sollten sich mit der Förderpraxis vertraut machen und ein Grundverständnis von Förderzwecken, Beantragungs- und Bewilligungsverfahren oder Dokumentations- und Abrechnungsvorgaben aneignen. So können sie besser entscheiden, ob und wenn ja, wie und wann sie Fördermittel für ihre jeweiligen Bedarfe nutzen können.
4 Bedeutung von Fördermitteln bei der Gesamtfinanzierung
In der Regel handelt es sich bei Fördermitteln unabhängig von der Art (Zuschuss, Kredit, Eigenkapitalförderung oder Bürgschaft) um eine anteilige Finanzierung. Nur in sehr wenigen Ausnahmen ist eine 100%-Finanzierung durch öffentliche Fördermittel möglich. Daraus folgt automatisch eine jeweilige Begrenzung der Fördermittel, abhängig vom Projekt bzw. der Investition, der Größe der Unternehmen, der Verfügbarkeit von eigenen oder Drittmittel sowie auch von einer schlüssigen Darstellung der Gesamtfinanzierung, die aus verschiedenen Komponenten besteht (Abbildung 2).
Mit Ausnahme der steuerlichen FuE-Förderung gibt es keinen Rechtsanspruch auf Fördermittel; sie sind in der Regel abhängig von definierten öffentlichen Budgets. Sind die Mittel ausgeschöpft, ist in den jeweiligen Programmen keine Förderung mehr möglich. Erst mit dem Bewilligungsbescheid werden Fördermittel verbindlich und damit Teil der Gesamtfinanzierung. Im Worst Case werden Anträge auf Fördermittel abgelehnt, obwohl in der Antragsphase eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Förderung bestand oder signalisiert wurde.
Die Überprüfung der Gesamtfinanzierung ist Teil des formalen Bewilligungsprozesses durch die öffentlichen Zuwendungsstellen. Ist sie auch unter Beachtung von eigenen Mitteln oder Eigenleistungen der Unternehmen nicht gesichert, erfolgt eine Ablehnung des Förderantrags.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Bevor Unternehmen Fördermittel für Transformationsinvestitionen beantragen wollen, brauchen sie eine plausible und nachprüfbare Vorstellung über den Finanzierungsbedarf und über die einzelnen Kostenarten. Darüber hinaus sollten sie pro-aktiv eine Gesamtfinanzierung darstellen, weil Fördermittel nur anteilig gewährt werden. Reichen das Eigenkapital oder die Eigenleistungen sowie das Fremdkapital nicht aus, ist eine Förderung nicht möglich oder muss das jeweilige Investitions-/ Projektvolumen entsprechend reduziert werden.
5 Förderoptionen und Projektarten
Ein wichtiger Einstieg in das Fördermittelmanagement ist die Frage, welche Förderzwecke es gibt bzw. wozu Unternehmen die Zuschüsse nutzen müssen. Mit der Beantwortung dieser Frage können Unternehmen Förderoptionen und Projektarten definieren, um zu prüfen, ob für sie überhaupt eine Antragstellung in Frage kommt. Es gibt themenoffene und themenbezogene Förderprogramme und -instrumente. Bei den themenoffenen Programmen können Unternehmen sich mit jedem Thema und aus jeder Branche bewerben, sofern sie die jeweils spezifischen Voraussetzungen erfüllen und die Förderzwecke adressieren. Aus diesen Förderzwecken ergeben sich dann die Projektarten bzw. Förderoptionen. Dadurch können die Unternehmen klären, ob diese wichtigsten Projektarten ihre Bedarfe befriedigen können.
Die einzelnen Förderoptionen und Projektarten können Unternehmen jeweils separat oder überlappend beantragen. So kann z. B. eine Beratung zur Vorbereitung eines Forschungs- oder Entwicklungsprojektes oder einer Investition dienen. Personalförderung kann z.B. in Form von „Transformations-, Digitalisierungs- oder Innovationsassistenten“ erfolgen, um Geschäftsmodelle zu transformieren oder neue Kompetenzen und Fähigkeiten zu entwickeln. Fördermittel für Investitionen oder spezifische Zwecke stimmen vielleicht von vornherein mit geplanten Projekten und Vorhaben der Unternehmen überein. In diesen Fällen stellen sie also direkt einen Teil der Transformationsfinanzierung dar. In wenigen Programmen gibt es auch eine Kombination von Investitions- und Personalförderung.
Bei o. g. Fördermitteloptionen handelt es sich in der Regel um „Projektförderungen“, also um zeitlich begrenzte Förderungen mit Zweckbindung. Die dazugehörigen Finanzierungsinstrumente sind vor allem Förderkredite, öffentliche Bürgschaften oder Zuschüsse, deren jeweils spezifische Bedingungen Förderprogramme oder Gesetzen und Richtlinien definieren.
- Zuschüsse sind nur in wenigen Ausnahmen für das gleiche Vorhaben (Projekt) aus zwei Förderprogrammen kumulierbar. Im Regelfall umfasst ein Vorhaben einen Zuschuss und eine Abrechnungslogik.
- Förderkredite und Zuschüsse sind dagegen durchaus kombinierbar; es ist allerdings die sogenannte Beihilfeintensität zu beachten, die sich aus europäischen Vorgaben insbesondere der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) ergibt. Gemeint sind damit z. B. unterschiedliche Förderquoten für industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung sowie eine Begrenzung entlang der Größenklassen der Unternehmen.
Sonderfall öffentlich finanzierte Eigenkapitalförderung
Von den oben beschriebenen Förderarten zu unterscheiden ist die öffentlich finanzierte Eigenkapitalförderung, die in der Regel nur für Start-ups, junge Unternehmen oder in Sonderformen z. B. bei „Sprunginnovationen“ gelten. Hier werden Unternehmen kapitalisiert; es handelt sich dabei
- um (stille) Beteiligungen, wenn ein Lead-Investor vorhanden ist
- um Aufstockungen von Investments, wenn z. B. Business Angel in einer frühen Phase einsteigen
- um vorkommerzielle Aufträge für Forschungs- und Entwicklungsleistungen.
Zu dieser Art der öffentlichen Förderung gehören auch die Mezzanine-Finanzierungen oder Wandeldarlehen, die in der Regel eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital darstellen. Öffentliche Förderbanken wie die NRW.BANK oder die KfW haben hierzu verschiedene Programme und Instrumente entwickelt, z. B. ERP-Mezzanine für Innovation, NRW.BANK Spezialfonds/-Einzelinvestments oder -Mittelstandsfonds. Das so gesteigerte Eigenkapital können Unternehmen inklusive der Mezzanin-Finanzierungen natürlich auch für die o. g. Projektarten nutzen.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Es gibt explizite Investitionszuschüsse für bestimmte Förderzwecke, darunter z. B. für Energie- und Ressourceneffizienz, Klimaschutztechnologien oder die Schaffung von Arbeitsplätzen in bestimmten Regionen. Wenn Unternehmen ohnehin investieren wollen oder müssen, macht die Prüfung der entsprechenden Förderprogramme und -instrumente Sinn. Für längerfristige und sogenannte vorwettbewerbliche (noch nicht marktfähige) Produkte, Verfahren, Anwendungen oder Geschäftsmodelle bieten sich die zahlreichen Programme und Instrumente der Forschungs- und Entwicklungsförderung an. Bei themenoffenen Programmen sind Unternehmen aus jeder Branche antragsberechtigt. Darüber hinaus wird die Neueinstellung von Personal gefördert, wobei hier vor allem KMU oder Unternehmen in strukturschwachen Regionen im Fokus stehen.
6 Zugangskriterien und beispielhafte Förderprogramme
Bei der Prüfung, ob ein Unternehmen einen realistischen Zugang zu bestimmten Programmen hat, spielen Zulassungs- oder Ausschlusskriterien eine wichtige Rolle.
6.1 Antragstellende
Gemeint ist hiermit die Prüfung der formalen Antragsberechtigung in den jeweiligen Programmen und -instrumenten. Es gibt eine breite Palette von unterschiedlichen Unternehmen oder Unternehmensphasen, für die mehr als 440 Förderprogramme für Unternehmen aus NRW zur Verfügung stehen. Relevant aus Sicht der öffentlichen Fördermittel sind dabei zu Beginn stets
- die Rechtsform (GmbH, AG etc.)
- die Größe (Anzahl Mitarbeitende oder Jahresumsatz)
- die Eigentümerschaft (privat oder öffentlich)
- und ob sich um ein Start-up mit wenig oder noch keinen Umsätzen handelt.
Es gibt explizite KMU-Programme, bei denen nur kleine und mittlere Unternehmen antragsberechtigt sind. In diesen Fällen gilt, unabhängig von der Rechtsform, die offizielle KMU-Definition der EU, d. h. also unter Beachtung von verbundenen oder Partnerunternehmen weniger als 250 Mitarbeitende undweniger als 50 Mio. Jahresumsatz oder 43 Mio. Jahresbilanzsumme. Größere Unternehmen dürfen nur als Partner ohne Förderung teilnehmen. In einigen KMU-Programmen ist Fördervoraussetzung, dass diese KMU bereits am Markt etabliert sind und funktionierende Geschäftsmodelle haben.
Start-ups sind aus Fördermittelsicht ein Sonderfall: Zum einen gibt es sowohl themenoffene als auch themenbezogene Start-up Programme oder Instrumente, zum anderen sind sie in der Regel in KMU-Programmen antragsberechtigt, haben aber besondere Herausforderungen die oben beschriebene Gesamtfinanzierung darzustellen, weil sie noch nicht genügend Umsätze erzielen. Manche Programmen schließen z. B. „Unternehmen in Schwierigkeiten“ von einer Antragstellung explizit aus; in anderen Programmen sind nur „forschungsintensive“ Unternehmen antragsberechtigt. Darüber hinaus gibt es branchen- oder technologiebezogene Programme z. B. für energieintensive Unternehmen oder der Automobilindustrie, bei denen die zulässigen Antragstellenden eng definiert sind.
Wenn keine exklusiven Zugangsbedingungen in den jeweiligen Förderbedingungen und Richtlinie (je Förderprogramm oder -instrument) formuliert sind, sind dort alle Unternehmen, also auch große Unternehmen antragsberechtigt. Das gilt z. B. für viele Forschungs- und Entwicklungsprogramme oder bei der Förderung strukturschwacher Regionen, z. B. bei der Neuansiedlung oder Diversifizierung des Geschäftsbetriebs.
6.2 Regionalbezug
Neben den Antragsstellenden ist der Regionalbezug das wichtigste Zulassungs- oder Ausschlusskriterium. Es gilt die “goldene Regel”, dass die Unternehmen innerhalb dieser jeweiligen „Gebietskulisse“ vertreten sein müssen, also ihren Sitz oder eine Betriebsstätte dort haben müssen. Die wichtigsten Förderprogramme mit Regionalbezug sind
- Europäische Förderprogramme, die europäisch administriert werden; hier ist ein Unternehmenssitz in der EU erforderlich
- Bundesweite Förderprogramme und -instrumente; hier ist der Unternehmenssitz in Deutschland erforderlich
- Explizite NRW-Programme und -instrumente; hier können Unternehmen aus anderen Bundesländern keine Anträge stellen
- Lokale / regionale Programme, z. B. InnoRKN im Rhein-Kreis Neuss, oder die o.g. Zukunftsgutscheine Rheinisches Revier sowie bundesweite Programme mit expliziten Regionalbezug (z.B. strukturschwache Regionen)
6.3 Beispielhafte Zuschüsse für Transformationsinvestitionen
Wie oben beschrieben, enthalten bereits einige Programme den Begriff der Transformation, andere sind indirekt nutzbar, weil sich die definierten Förderzwecke mit den Bedarfen der Unternehmen decken. Manche Programme kommen neu hinzu, andere laufen aus oder haben keine freien Mittel mehr. Daher ist es schwierig, den Überblick zu bewahren.
Die unten genannten Programme und -instrumente sind Beispiele; die dazugehörigen Informationen oder Tipps und Tricks für die Antragsstellung sind im Internet frei verfügbar. Ziel ist es, dass die Unternehmen ausgehend von den oben genannten Projektarten die Suchkosten und den Antragsaufwand minimieren.
Forschung, Entwicklung und Innovation
- Steuerliche FuE-Förderung
(mit einem Rechtsanspruch auf Förderung bei FuE-Projekten; hier ist sogar eine nachträgliche Förderung ab 2020 möglich, alle Unternehmen sind antragsberechtigt)
https://www.bescheinigung-forschungszulage.de/ - Für KMU aufgrund der relativ hohen Erfolgsquote und des überschaubaren Antragsaufwands: Themenoffene Programme wie Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (Bund) oder Mittelstand Innovativ und Digital (Land NRW)
https://www.zim.de/
https://www.mittelstand-innovativ-digital.nrw/ - Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung Horizon Europe oder LIFE – Das EU-Finanzierungsinstrument für die Umwelt
(für alle Unternehmen, thematische Projektaufrufe, mindestens drei Partner aus drei Länder)
https://www.horizont-europa.de/
https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/home
https://www.bmuv.de/themen/europa/life - Reallabore der Energiewende für Demonstrationsprojekte
(Zielgruppe: Energiewirtschaft, die energieintensive Industrie und die Wohnungswirtschaft; zurzeit aber kein Projektaufruf offen, aber Darstellung von geförderten Projekten)
https://www.energieforschung.de/foerderung/foerderangebote/foerderkonzept-reallabore-der-energiewende - Thematische Projektaufrufe für ökologische oder digitale Vorhaben
Förderdatenbank des Bundes (mit diversen Filtermöglichkeiten wie Förderzwecke oder Unternehmensarten)
Investitionsprogramme
- Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft
(immer offen für Neu- und Ersatzinvestitionen u.a. für Querschnittstechnologien, Optimierung von Anlagen und Prozessen oder für Prozesswärme oder die Elektrifizierung von kleinen Unternehmen; hinzu kommt ein weitere Fördermöglichkeit durch einen Förderwettbewerb – hier ist die Bewerbungsphase bis August 2024 offen)
https://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Energieeffizienz_und_Prozesswaerme/energieeffizienz_und_prozesswaerme_node.html
https://www.wettbewerb-energieeffizienz.de - Richtlinie zur Förderung von klimaneutralen Produktionsverfahren in der Industrie durch Klimaschutzverträge
(Klimaschutzverträge sollen klimafreundliche Produktionsprozesse in den energieintensiven Industriebranchen anstoßen, indem sie Preisrisiken reduzieren und die Mehrkosten ausgleichen; Wettbewerbs- und Gebotsverfahren mit einer Bewerbungsphase im Sommer 2024)
https://www.klimaschutzvertraege.info/ - Umweltinnovationsprogramm
(Demonstrationsvorhaben in großtechnischem Maßstab mit einem hohen Umweltnutzen und einem hohen Marktpotenzial)
https://www.umweltinnovationsprogramm.de - Zukunftsgutschein Rheinisches Revier
(enger, expliziter Regionalbezug, nur KMU sind antragsberechtigt, Optimierung von industriellen und gewerblichen Anlagen und Prozessen. Entwicklung von Prototypen mit Zielrichtung klimaneutrale Wirtschaft, Digitalisierung der Unternehmens- und Produktionsprozesse
https://www.efre.nrw.de/wege-zur-foerderung/foerderungen-in-2021-2027/zukunftsgutscheine-rheinisches-revier-jtf/#c8219 - Regionales Wirtschaftsförderungsprogramm RWP
(innerhalb einer definierten Gebietskulisse in NRW, alle Unternehmen sind antragsberechtigt, Investitionen in die Errichtung oder Erweiterung Betriebsstätte, Diversifizierung der Produkte oder besondere Umweltschutzeffekte, durch die Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert werden)
https://www.nrwbank.de/de/foerderung/foerderprodukte/15354/regionales-wirtschaftsfoerderungsprogramm-rwp---gewerblich.html#formulare
Beratungsprogramme
- Erstellung eines Transformationsplans innerhalb der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft, Modul 5
(alle Unternehmen sind antragsberechtigt, Ist-Analyse und Maßnahmenentwicklung)
https://www.wettbewerb-energieeffizienz.de/WENEFF/Navigation/DE/Home/home.html - Mittelstand Innovativ und Digital
(für KMU; externe Unterstützung zur Initiierung und Umsetzung von Innovations- und Digitalisierungsmaßnahmen; Analyse und Umsetzung)
https://www.mittelstand-innovativ-digital.nrw/mid-gutscheine - Go inno
(nur KMU, externe Beratung und Begleitung nur durch autorisierte Beratungsunternehmen, Potentialanalyse und Realisierungskonzept)
https://www.innovation-beratung-foerderung.de/INNO/Navigation/DE/go-inno/Foerdermodell/foerdermodell.html - Zukunftsgutschein Rheinisches Revier
(enger, expliziter Regionalbezug, nur KMU, Beratungsleistung zum Wandel des Geschäftsmodells zur Bedienung der Märkte der grünen Transformation.
https://www.efre.nrw.de/wege-zur-foerderung/foerderungen-in-2021-2027/zukunftsgutscheine-rheinisches-revier-jtf/#c8217
Darüber hinaus können Unternehmen auch Kredite der Förderbanken wie z. B. der NRW.BANK oder der KfW zur Finanzierung von Transformationsinvestitionen nutzen. Hier gibt es bereits Digitalisierungs- oder Innovations- oder Energieeffizienzkredite, die auch Transformationsvorhaben im oben genannten Sinnen umfassen. Wichtig bei diesen Angeboten der Förderbanken ist das so genannte Hausbankverfahren, d. h. Unternehmen können diese Kredite nicht direkt, sondern immer nur im Zusammenspiel mit ihren jeweiligen Hausbanken beantragen.
Möglicherweise legen Förderbanken künftig auch explizite „Transformationskredite“ auf. Darüber hinaus bietet auch die Europäische Investitionsbank Förderoptionen, die Unternehmen unter definierten Bedingungen für die oben beschriebenen Transferinvestitionen nutzen können.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Wenn Unternehmen Fördermittel für bestimmte Zwecke oder Investitionen suchen, geht es im ersten Schritt darum, die jeweils passenden Programme zu finden und den Aufwand einer Antragstellung und die Erfolgsaussichten einzuschätzen. Sie sollten ganz zu Beginn prüfen, ob der jeweilige Unternehmensstatus (Rechtsform, Größe oder auch Branche) überhaupt antragsberechtigt ist. Es geht also darum den Zugang zu klären bzw. Ausschlusskriterien zu überprüfen.
Die zentrale Empfehlung des Autors aus der langjährigen Förderberatung lautet daher wie folgt: Jedes Unternehmen sollte seine Top 5-10 Programme zumindest von der Projektart und den Rahmenbedingungen wie Förderquoten und Zeiträumen kennen. So können Unternehmen die eigenen Bedarfe am besten mit den Angeboten an öffentlichen Fördermitteln abgleichen.
7 Förderberatung
In der Förderberatung gibt es eine Zweiteilung in öffentlich finanzierten Stellen, die ihren Service für Unternehmen und Antragstellende kostenfrei anbieten, und privater Dienstleistung, also einem kostenpflichtigen Leistungsaustausch zwischen Auftraggeber bzw. Auftraggeberin (Unternehmen) und Auftragnehmer bzw. Auftragnehmerin (spezialisierte Beratungsunternehmen). In öffentlich finanzierten Stellen bekommen Unternehmen eine Basisorientierung, -beratung oder -information. Es geht um die Beantwortung der Fragen
- Welche Förderprogramme und -instrumente gibt es?
- Passt eine Idee, ein Bedarf eines Unternehmens allgemein zu diesen Förderprogrammen und wenn ja, welche sind die in der jeweiligen Situation am relevantesten?
- Welche Voraussetzungen und Bedingungen gelten in den jeweiligen Förderprogrammen?
Die öffentlich finanzierten Beratungsstellen sind entweder themenbezogen (Projektträger, nationale Kontaktstellen) oder themen- und instrumentenoffen organisiert (z. B. Förderberatung des Bundes, ZENIT GmbH als Innovationsagentur des Landes NRW und des Mittelstandes oder auch Wirtschaftsförderungen, IHKs und Handwerkskammern).
- Förderberatung des Bundes (mit der Möglichkeit den Newsletter zu abonnieren)
- Förderberatung der ZENIT GmbH
Bei der privaten Förderberatung, also der kostenpflichtigen Dienstleistung bzw. dem Auftraggeber-/Auftragnehmer-Verhältnis geht es um Antragsentwicklung, Antragstellung, Projektmanagement und Projektabrechnung. In der Regel erfolgt eine Abrechnung auf Basis von Festpreisen oder Provisionen oder einer Kombination beider Elemente. Hier handelt es sich um private, oft spezialisierte Beratungsunternehmen, die Antragsentwicklung, Projektmanagement oder -abrechnung auf Basis von Festpreisen, Provisionen oder eine Kombination von beiden anbieten.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die generelle Empfehlung ist, erst die öffentlich finanzierten Informations- oder Beratungsangebote zu nutzen, um möglicherweise selber in die Lage zu kommen, Förderanträge im eigenen Unternehmen zu entwickeln und abrechnen zu können (Befähigung der Unternehmen). Wenn hierfür die Zeit oder die Ressourcen fehlen, sind die privaten Angebote eine normale Dienstleistung, die am Markt erhältlich ist. Dann sollte man Vergleichsangebote nutzen, Referenzen prüfen und sich ein Bild über die Angemessenheit und Seriosität der Anbieter machen.