Steigende Energie- und Rohstoffpreise, Inflation und steigende Zinsen – der Kostendruck belastet nicht nur die Unternehmen in ihrem Tagesgeschäft, sondern er erschwert auch die klimaneutrale Transformation. Der auf 45 – 55 Mrd. Euro bezifferte jährliche notwendige Investitionsbedarf in die klimaneutrale Transformation wird sich durch höhere Kosten möglicherweise auf 65 – 79 Mrd. Euro erhöhen – und damit steigen auch die Herausforderungen für die Unternehmen.

Die Inflationsrate lag im Juli 2023 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland bei 6,2 Prozent. Das ist zwar niedriger als im Oktober 2022, als sie auf einem Höchststand von 8,8 Prozent lag, aber noch deutlich oberhalb des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent, welches als Richtwert für die Preisstabilität gilt. Auch wenn die Erzeugerpreise als Kostenindikator für die Transformation relevanter sind als die Verbraucherpreise, ist deren Entwicklung vor allem für die Entwicklung der Finanzierungskonditionen relevant. So muss die EZB eine straffe Geldpolitik fahren, wenn sich die Inflationsrate im Euroraum mittelfristig oberhalb ihres Inflationsziels bewegt. Die Inflationsrate des Euroraums ist mit 5,5 Prozent zwar niedriger als in Deutschland. Sie deutet aber noch nicht darauf hin, dass die EZB eine Pause in ihrem Zinserhöhungszyklus einlegen kann. Die aktuelle Kommunikation der EZB lässt ebenfalls vermuten, dass weitere Zinserhöhungen wahrscheinlich sind.

Die Finanzierungskosten sind gestiegen

Die EZB hat recht spät, aber dafür stark auf den Inflationsanstieg reagiert, so dass die Zinsen am Kapitalmarkt ebenfalls stark gestiegen sind, nachdem eine sehr lange Phase niedriger Zinsen herrschte. So stieg der geldpolitische Leitzins, genauer der Hauptrefinanzierungszins, von 0 Prozent im Juni 2022 auf 4,25 Prozent im August 2023 an. Die Märkte für Unternehmensanleihen hatten die Zinserhöhung schon erwartet, und die Renditen sind hier bereits im Vorfeld gestiegen. Die Zinsen auf Bankkredite im Neugeschäft für Unternehmen haben aber auch recht schnell reagiert. So sind die Zinsen für Kredite bis 250.000 Euro Kreditvolumen in Deutschland von 2,1 Prozent im Juni 2022 auf 5,7 Prozent im Mai 2023 gestiegen. Die Zinsen auf Kredite mit einem Volumen von über einer Million Euro legten von 2,2 Prozent auf 4,5 Prozent zu.

Investitionsgüter haben sich verteuert

Nicht nur die höheren Finanzierungskosten erschweren die Transformation, sondern auch die anhaltenden Preisanstiege bei Investitionsgütern. Deren Preise stiegen gegenüber dem Juni 2022 um 6,3 Prozent. Hier legten vor allem die Preise für Maschinen mit einer Rate von 7,8 Prozent und von Kraftwagen und Kraftwagenteilen mit einer Rate von 5,6 Prozent zu. Bei den Vorleistungsgütern sanken die Preise hingegen. So war Metall im Juni 2023 um 10,6 Prozent billiger als im Vorjahresmonat. Allerdings verteuerten sich Kalk und gebrannter Gips um 41,3 Prozent, Zement um 31,5 Prozent und Industriegase um 21,3 Prozent. Auch wenn die Preise gerade für „nicht grüne“ Stoffe gestiegen sind, so muss man hier bedenken, dass für Umweltschutzinvestitionen eben auch diese Stoffe notwendig sind und diese Preissteigerungen die Investitionen in Umweltschutz verteuern.

Fachkräfte sind schwerer zu finden

Erschwerend kommt auch hinzu, dass Personal knapp und schwer zu finden ist. Dies betrifft auch Berufe, die für die Transformation relevant sind und die eine besondere Spezialisierung erfordern, wie sie Beschäftigte im Bereich Erneuerbare Energien (EE) aufweisen müssen. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft ist mehr als jeder zweite EE-Erwerbstätige im produzierenden Gewerbe tätig. Somit sind Anteile produktionsorientierter Berufsprofile unter EE-Erwerbstätigen überdurchschnittlich hoch. Dies zeigt sich daran, dass rund 73 Prozent der EE-Erwerbstätigen einen produktionsorientierten Beruf ausüben. Ihr Anteil ist damit fast drei Mal so hoch wie der Anteil von Beschäftigten in produktionsorientieren Berufen über alle Erwerbstätigen. Technische Fachkenntnisse sind bei den Erwerbstätigen im Bereich der erneuerbaren Energien in 71 Prozent der Fälle erforderlich und somit mehr als doppelt so häufig wie bei anderen Tätigkeiten. Zudem arbeiten diese Erwerbstätigen in einem Umfeld, dass in besonderem Maß von technologischen Neuerungen, wie dem Einsatz von neuen Maschinen, Anlagen und Produkten gekennzeichnet sind. Fachkräfteengpässe in EE-Berufen betreffen somit vor allem produktionsorientierte Betriebe und erschweren ihre Transformation. Da auch ohne Klimaziele die Personalfindung in vielen Bereichen schwierig ist, kann die zu geringe Fachkräfteverfügbarkeit die Transformation verlangsamen und zu hohem Kostendruck bei den Unternehmen führen, weil die Knappheit der spezialisierten Arbeitskräfte sich in hohen Lohnkosten widerspiegelt.

Eine weitere Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft berechnet eine Engpassquote als Quotient aus der Anzahl der gemeldeten Stellen in Engpassberufen und der Anzahl gemeldeter Stellen in relevanten Berufen. Diese liegt in Nordrhein-Westfalen bei 55 Prozent noch unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 66 Prozent. Deutlich höhere Werte zeigen sich in Baden-Württemberg mit 83 Prozent, in Thüringen mit 79 Prozent, Rheinland-Pfalz mit 78 Prozent und in Bayern mit 77 Prozent. Nichtdestotrotz ist Fachkräfteknappheit ein nicht zu unterschätzendes Transformationshemmnis auch für Nordrhein-Westfalen.

Finanzierungskosten und Fachkräfteengpässe sind Hemmnisse für Innovationen

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat im Jahr 2020 KMU zu ihren Gründen für das Unterlassen von Innovationen ausgewertet. Hohe Investitionskosten sind der wichtigste Grund, gefolgt von organisatorischen Problemen und einem Mangel an Fachpersonal. Es folgen lange Genehmigungsverfahren, die Beschaffung von Fremdkapital und eine mangelnde Kundenakzeptanz, ebenfalls mit hohen Anteilen an Unternehmen, die über diese Hindernisse berichteten. Über Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Fremdkapital haben im Jahr 2007 zwar noch 23,3 Prozent und im Jahr 2019 nur 12,2 Prozent der Unternehmen berichtet. Allerding war das Zinsniveau im Jahr 2007 auch deutlich höher als im Jahr 2019. Aufgrund des aktuell starken Zinsanstiegs ist deshalb zu vermuten, dass auch dieses Hindernis wieder mehr Unternehmen betrifft. Der Anteil der Unternehmen, die einen Mangel an Fachpersonal zu den Gründen für die Nicht-Durchführung von Innovationen zählen, ist von 21,5 Prozent im Jahr 2007 auf 31,1 Prozent im Jahr 2019 angestiegen. Allein schon aus der demografischen Entwicklung lässt sich ableiten, dass dieser Anteil weiterhin hoch ausfällt oder sogar steigt. Der Anteil an Unternehmen, die hohe Investitionskosten als Innovationshemmnis nannten, ist in diesem Zeitraum von 46,4 Prozent auf 36,3 Prozent gefallen. Die Entwicklung der Rohstoffpreise seit 2019 stimmt allerdings wenig optimistisch, so dass damit zu rechnen ist, dass Investitionskosten auch weiterhin ein Hemmnis darstellen.

Vernetzungsinitiative muss an den Stellschrauben der Innovationshemmnisse ansetzen

Gerade bei Innovations- und Investitionshemmnissen – wie fehlenden Fachkräften und fehlender Finanzierung – kann eine Vernetzungsinitiative wie Fin.Connect.NRW, ansetzen, um die Unternehmen zu Innovationen und Investitionen zu befähigen:

  • Die Transformation darf nicht durch Finanzierungsengpässe ausgebremst werden, was in Zeiten steigender Zinsen zu befürchten ist. Deshalb ist der Abbau von Finanzierungshemmnissen für Fin.Connect.NRW zentral. Gerade die KMU sind mit höheren Zinsen konfrontiert, was auch daran liegt, dass sie im Vergleich zu Großunternehmen über ein geringeres Angebot an Finanzierungsalternativen verfügen. So steht ihnen allein aufgrund ihrer Größe ein Green Bond als Finanzierungsinstrument für die Transformation nicht zur Verfügung. Für große Private Equity Gesellschaften sind viele Hidden Champions aus dem Mittelstand nicht sichtbar genug im Vergleich zu Großunternehmen. Deshalb bedarf es für NRW einer starken Vernetzungsinitiative, welche dazu beitragen kann, die Such- und Matchingkosten für Kapitalanbieter und kapitalsuchende Unternehmen zu reduzieren.
  • Großunternehmen sind bei der Transformation weiter als KMU. Zudem sind sie vertrauter mit Themen wie Sustainable Finance, EU-Taxonomie und Nachhaltigkeitsberichten. Dies liegt auch daran, dass die Großunternehmen am Kapitalmarkt aktiv sind und Investoren schon seit längerer Zeit bei ihren Finanzierungsentscheidungen Wert auf Nachhaltigkeit legen. KMU, die sich über ihre Hausbanken finanzieren, haben hier einen Nachholbedarf, den sie aber zügig aufholen müssen. Denn zum einen legen Banken zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit in der Kreditvergabe, da sie auch ihren eigenen CO2-Fußabdruck senken wollen. Zudem werden Großunternehmen auch vermehrt Nachhaltigkeitsberichte von ihren Zulieferunternehmen fordern. Fin.Connect.NRW kann hier unterstützen, indem die Themen Sustainable Finance, EU-Taxonomie und Nachhaltigkeitsberichte speziell mit einem KMU-Fokus aufbereitet werden.

Inflation und Zinswende werden die Transformation erschweren, woraus sich gerade die Relevanz der Arbeit von Fin.Connect.NRW ergibt: Know-How über die Transformationsfinanzierung zu den Unternehmen bringen, Such- und Matching-Kosten reduzieren und Finanzierungsalternativen für die Transformation schaffen.


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